20070930 Berlin-Marathon (Diary Extract)

Nachdem ich mir alle Startunterlagen im Leutegewusel der Messehallen besorgt hatte, ging es zur Pasta-Party. Dort fand dann das vor einem Marathon-Lauf übliche Nudeldoping statt. Und so ging es mit just-in-time gelieferten Kalorien für den Körper am nächsten Morgen an den Start. 4919 – meine Startnummer verhieß Gutes, denn sie strahlte grünblauhelle Wärme aus. Die grüne vorangestellte 4 war ein gutes Omen. Das Wetter najate so, aber für einen Lauf dürfte es wohl kaum idealeres Wetter geben. Das spiegelte die 9 auch wieder. Im April qualifizierte ich mich beim Straßensammeln in Hamburg für die Position in Startblock F. In diesem Teil der Aufschlangung vor der Startlinie fieberten die Läufer, die schon mal zwischen dreieinhalb und vier Stunden gelaufen waren, dem Start entgegen. Steigende gelbe Luftballons meldeten schließlich Punkt 9 Uhr den Start an Block F. Einige Minuten später stolperte auch ich über die Startmatten. Die Zeit läuft – und der Peter auch!

Kurze Zeit später umrundete ich die Siegessäule auf der Nordseite, ich blickte noch mehrmals zurück, so als empfing ich ihren Segen für die lange Brücke. Brücke – ja, denn vor meinem geistigen Auge sah ich gurgelndes Wasser unter mir durchfließen. 42,195 km lang führte heute die schier endlose Brücke nun über den reißenden meerartigen Strom unter mir. Ich schaute meistens nach unten und studierte die Strukturen der Straßenoberflächen. Da sah ich dieses Gurgeln des Flusses, denn es gab grobkörnige, feinkörnige, dunkle und helle Straßen. Und darüber führte die immer dreiblaue Strichlinie, die Ideallinie auf dem Asphalt. Meine Leitlinie. Dreiblauer Strich – Gurgeln – Dreiblauer Strich – Gurgeln – Dreiblauer Strich, es dreistrichte 42,195 km weit!

Immer wenn es Sehenswürdigkeiten am Streckenrand gab, wie die Siegessäule am Anfang, später den Reichstag, den Alexanderplatz mit der Weltzeituhr und dem Fernsehturm, den Kudamm und die Gedächtniskirche und den Potsdamer Platz, dann blickte ich auf. Denn für das Sight-Seeing im Schnelldurchlauf, im wahrsten Naivsinne des Wortes, war ich natürlich auch gekommen!

Als das Straßenschild „Unter den Linden“ auftauchte war das Ende der großen langen über den gurgelnden Strom führenden Brücke in Sicht: die Zielgerade mit dem Brandenburger Tor. Durchs Brandenburger Tor auf die Finalstrecke vor dem Ziel, wo die Zuschauer tribünten. Das war genauso wie der Einlauf auf dem Roten Teppich damals vor knapp einem Jahr in Frankfurt. Ein unbeschreibliches Erlebnis, es wieder einmal geschafft zu haben. Das Gegröl von den Tribünen zündete noch mal die letzten Reserven für das Finale.

Nach dem ordentlichen Zieleinlauf erhielten alle Sportler gleich ihre Finisher-Medaille. Als ich später meine Soforturkunde in den Händen hielt, war ich zunächst kurz enttäuscht, wieder keine Zeit mit einer grünwarmen 4 drinnen. So gerne wäre ich in sonnig-freundlichen 3:54:07 Stunden eingezielt, aber es waren 3:53:26 Stunden, immerhin nacktzahlenobjektiv eine neue persönliche Bestzeit, anderthalb Minuten schneller als in Hamburg, obwohl ich Kräfte schonte für Köln. Denn nach dem Marathon ist vor dem Marathon.

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